Testbericht zum Giant Reign E+ 1 Pro

Wie schlägt sich das e-Mountainbike auf dem Trail?

Ein Testbericht, der für mich ein Unerwartetes Ergebnis hat. Vor ca. 5 Jahren saß ich das erste Mal auf einem e-MTB, ein Giant Hardtail. Wenig MTB-Erfahrung aber dafür ein großes Maß an Ehrgeiz und vielleicht auch Selbstüberschätzung brachten mich mit mehr Glück als Verstand meine ersten Trails hinab. Ein Giant kaufen (damals)? Niemals, dachte ich… Mein fehlendes Können schob ich aufs e-Mountainbike. Heute, 5 Jahre später, weiß ich, dass es an vielen Dingen lag: Ein Hardtail eignet sich schlecht für wurzellastige Trails. Nicht der Motor ist das Problem, sondern wie man ihn einsetzt. Außerdem sollten e-MTBs immer in einer passenden Größe gefahren werden. Zum Glück wächst man mit seinen Erfahrungen und als ich hörte, dass ich die Möglichkeit bekomme, das neue Giant Reign E+ 1 Pro zu testen, war ich voller Vorfreude. Vorfreude darauf, mich nochmal mit den Schatten meiner Vergangenheit zu messen.

Inhaltsverzeichnis

Voraussichtliche Lesedauer: 11 Minuten

Das Giant Reign E+ 1 Pro, ein e-Enduro der Extraklasse

Ein e-Mountainbike, das sowohl mit optischen Reizen, als auch mit seiner Ausstattung glänzt. Zweifarbige Lackierung mit elegantem Farbverlauf fürs Auge, der Maestro Hinterbau, der dir jede Strecke ebnet und Fahrwerkskomponenten, die wenig zu wünschen übrig lassen.

Mit 170/160 mm Federweg ist das Reign E+ von Giant ein e-Mountainbike, das sich sowohl auf verspielten Trails wohlfühlt, aber auch die Herausforderung im Bikepark nicht scheut – anspruchsvolle Strecken, auf denen dem Material viel abverlangt wird und auf denen du dich voll und ganz auf dein Bike verlassen musst, sind genau Richtige für das Reign E+.

Das Giant Reign E+ im Wald
Gabel am Giant Reign E+
Schriftaufzug Giant Reign E+
Nahaufnahme des Giant Reign E+

Auf diesen Strecken musste sich das Reign E+ beweisen

Da wir das Rad für mehrere Wochen zur Verfügung hatten, haben wir es auf jeglichen Strecken getestet, die uns unter die Räder gekommen sind: Von unseren Hometrails rund um Köln, übers Bergische Land und einmal quer durch die Republik.

Das Reign E+ musste sich auf den verschiedensten Strecken bewähren. Schnelle Singletrails, hohe Verblockungsgrade, Anlieger und sogar mein erster großer Drop waren dabei. Im Harz haben wir den Brocken mit seinen 1141 Hm erklommen, um anschließend wirklich stark verblockte Wege hinab zu nehmen. Vor allem die Kombi aus Maestro Hinterbau und dem Fox Float X2 Performance Dämpfer gab hier ihr Können preis. Durch die 4 Anlenkpunkte kann man bergauf den Dämpfer fast ganz offen lassen, ohne einen Kraftverlust durchs Pedalieren zu spüren. Bergab nahm das Fahrwerk jegliche Schläge und Felsbrocken auf, fast so als würde man gerade die Straße entlang fahren zum Brötchen holen.

Keine Steigung zu hoch, kein Trail zu schnell: ob der Schweinetrail in Köln, die Schwarze Witwe im Bergischen oder andere Trails in thüringer und bayerischen Wäldern. 

Testfahrer Jan auf dem Giant Reign E+
Jan auf dem Giant Reign E+ e-MTB
Jan fährt auf dem Giant Reign E+

Mein erster Eindruck vom Reign E+ 1 Pro

Mein erster Eindruck vom Bike hat sich durch den gesamten Test gezogen: Ein sehr agiles Bike, hohe Wendigkeit, tolles Ansprechverhalten von Fahrwerk und Motor und ein geiles Design. Das Reign E+1 Pro hat mich selbst meine Hometrails schneller fahren lassen als sonst.

Lediglich der kleine 500 Wh Akku war meinem Fahrverhalten nicht ganz gewachsen – hier gibt es aber Abhilfe, denn das Reign E+ ist in den oberen zwei Modellvarianten auch mit einem 625 Wh Akku zu bekommen. Oder du befestigst ein zusätzliches 250 Wh Akkupack einfach auf dem Unterrohr.

Der SyncDrive Pro Antrieb bietet in seiner Abstimmung für mich ein tolles Gesamtkonzept. Ich mag kraftvolle Antriebe, die aber dennoch sensibel zu dosieren sind.

Giant SyncDrive Pro Antrieb am Reign E+

Der Motor bietet 80 Nm die nahezu für jede Strecke ausreichen sollten. Verpackt in 6 Antriebsmodi:

  • Eco:   Der Eco-Modus überbrückt den Tretwiderstand des Motors, der beim Anfahren ohne Unterstützung zwar sehr gering, aber aufgrund der verbauten Technik im Motor selbstverständlich vorhanden ist. Im Eco-Modus wirst du mit maximal 100 % deiner eigenen Leistung unterstützt.
  • Basic:   Der zweite Modus lässt dich auf der Waldautobahn und an leichten Steigungen gemütlich zu deinen Trailspots gleiten und bietet dir eine Unterstützung von 175%.
  • Active:   Der Active-Mode unterstützt dich bereits mit 250% deiner Eigenleistung. Wer gerne Power unter sich spürt aber dennoch mitarbeiten will, findet sich in dem Modus wieder.
  • Sport: Im Sport-Modus haben wir bereits eine Unterstützung von 300%, was dem Dreifachen deines Drehmoments entspricht. Stell dir vor du könntest 3x schneller laufen als sonst…. Ein geiles Gefühl, welches dir auf extremen Steigungen die nötige Sicherheit und Kraft verspricht.
  • Power:  Zu guter Letzt der Power-Modus. Der Modus, von dem die meisten behaupten, dass sie ihn fast nie nutzen aber insgeheim bestimmt der meistgeliebte. 360% Unterstützung bei 80 Nm lassen dich den letzten Sprint einer extremen Steigung oder die letzten Meter auf dem Heimweg nach einer Tagestour mit Leichtigkeit nehmen. 
  • Automatic Support Modus: Die automatisch vom System gewählte Unterstützungsstufe ist seit der Saison 2020 nun auch im Pro-Modell des syncDrive Antriebssystems erhältlich. Durch insgesamt 6 Sensoren ermittelt das System automatisch die passende Unterstützungsstufe. Der Fahrer kann sich also voll und ganz auf die äußeren Umstände konzentrieren – das einzige, was in diesem Modus noch getan werden muss ist pedalieren, schalten, bremsen und genießen! Das System kommt zusätzlich mit einem Neigungssensor, sodass aus den Parametern Steigung, Drehmoment, Trittfrequenz und Geschwindigkeit die optimale Unterstützung errechnet wird.

Der Antrieb im Giant Reign E+ 1 Pro

Da ich auf Steigungen gerne mit viel Unterstützung fahre, aber dennoch meine Reichweite maximieren will, fand ich den Automatic Support Modus spitze. Er gibt dir ausreichend Power, wenn du sie brauchst und regelt runter, wenn die Strecke es zulässt.

Wenn man die Range der einzelnen Modi betrachtet, sind die Abstufungen relativ klein, was dem ein oder anderen Fahrer sehr gefallen dürfte. Mir sind das jedoch ein bisschen zu viele Modi, da ich mich lieber auf das Fahren konzentriere als darauf, zusätzlich zur perfekten Gangwahl auch die richtige Unterstützung zu finden. Noch ein Punkt, der für den Automatic Support Modus spricht 😊

Jan fährt Uphill auf dem Giant Reign E+

Wie das Fahrwerk einen Knoten bei mir platzen ließ!

Eine Rampe im Trail, kleine oder große Gaps oder Sprünge aus Anliegern heraus….  Nix für mich, zumindest im letzten Jahr, nachdem ich mich bei einem knapp 1 Meter hohen Gap ordentlich zerlegt habe. Irgendwie fehlte mir die Sicherheit, mich wieder an Sprünge heran zu trauen.

Doch dann kam das Reign E+ 1 Pro mit seiner Fahrwerkskombi aus einer Fox Float 36 Performance Gabel und dem Fox Float X2 Perfomance Evol (mit 170 bzw. 160 mm Federweg). Zusammen mit dem Maestro Hinterbau bietet diese Kombi dir die Lizenz zur AirTime, ein jeder Stein, jeder Wurzelteppich und jeder Drop werden winzig auf dieser Maschine. Das Fahrwerk hat mir einen so hohen Grad an Sicherheit und Kontrolle gegeben, dass ich im Trail gar nicht erst nach dem Chickenway gesucht habe, sondern jeden Sprung sogar gerne mitgenommen habe.

Das Giant Reign E+ in Gesteinsbrocken

Auch auf dem Weg vom Brocken hinab, der quasi einem Trümmerfeld an Gesteinsbrocken gleich kommt, ist es nie das Fahrwerk, das dich absteigen lässt. Alles wird glatt gebügelt als säße man auf einer Dampfwalze. Alles in allem ein Fahrwerk, das dir Sicherheit, Komfort und die volle Kontrolle übers Fahrrad bietet.

Reifen & Schaltung – 12 Gänge wahre Freude!

Das Reign E+1 Pro kommt serienmäßig mit der noch relativ neuen Shimano Deore XT 1×12, was mir persönlich sehr gefallen hat. Die Schaltung bietet eine große Range in der Übersetzung und ist Shimano typisch sehr robust. Selbst in extremen Steigungen und bei schnellen Gangwechseln waren die Schaltvorgänge dank der Hyperglide-Plus Technologie sehr sauber und die Kette neigte nicht zum Überspringen und führte jeden Schaltbefehl problemlos und präzise aus.

Mit den Maxxis Minion DHF an der Front und dem Maxxis High Roller II am Heck (beide in 27,5“x2.6“) werdet ihr viel Spaß haben. Die mächtigen Seitenstollen graben sich auf jedem Untergrund perfekt in den Boden. 

Auf dem Trail bietet die Kombi ein sehr hohes Maß an Wendigkeit und Aggressivität. Einzig auf sehr losem Untergrund und in hohen Unterstützungsstufen bergauf neigt der Hinterreifen dazu, schnell durchzudrehen. Giant-typisch kommen die Reifen mit einem Tubeless Kit, was euch einen unnötigen Umbau erspart, falls ihr auf Tubeless steht (was ich nicht tue)!    

Maxxis Minion Reifen am Giant Reign E+

Nicht nur auf dem Papier ein e-Enduro Monster

In der Bikevorstellung habe ich gesagt, es handle sich um ein Bike für die Trophäen Sammlung… Vergesst diese Aussage, denn das wäre pure Verschwendung! Ein e-MTB, das so sehr danach schreit, über jeden Trail geprügelt zu werden, wie das Reign E+ bin ich selten gefahren. Höher, schneller, weiter. So lässt sich das Giant Reign E+ 1 Pro am besten beschreiben.

Bergauf ein sehr komfortables Bike, das dich gemütlich eine jede Steigung hinauf schiebt und den Untergrund mühelos an dir vorbei ziehen lässt. Bergab schreit es dich an, alles aus dir heraus zu holen, um den Spaßfaktor vollends auskosten zu können.

Die Fahrwerkskomposition gibt dir ein sehr hohes Maß an Sicherheit und Kontrolle, sodass man sich einfach mehr traut und auch das stolze Gewicht von 24 kg regelrecht vergisst.

Einfach ein tolles Gesamtkonzept, das ich jedem, der gerne actionreich auf dem e-Mountainbike unterwegs ist, voll und ganz ans Herz legen kann. In diesem Sinne: ride safe – ride on!

Sprung mit dem Giant Reign E+
Downhill mit dem Giant Reign E+
Testfahrer Jan sitzt auf dem Giant Reign E+

Die Giant Reign Enduro-Maschine im Videobeweis!

Thumbnail zum Giant Reign+ Video