Voraussichtliche Lesedauer: 11 Minuten
Der Belchenradler testet: Der erste Eindruck vom Specialized Turbo Tero
Redwood Red: sehen und gesehen werden. Die neue Farbe gefällt mir! Sie sorgt mit ihren reflektierenden Lackpartikeln wohl auch für eine bessere Sichtbarkeit im Straßenverkehr. Der Alurahmen mit dem tiefgezogenen Oberrohr scheint identisch mit dem des Vado 2022. Die Geometrie des Tero ist dennoch eine andere. Das Tero steht auf 29 Zoll Reifen (27,5 beim Vado) und hat eine Gabel mit 110 mm Federweg (80 mm Vado). Das Tretlager kommt dadurch höher und der Lenkwinkel wird flacher (Tero 66,4° / Vado 68°). Außerdem besitzt das Tero einen breiteren 750 mm Lenker (680 mm Vado) mit weniger Backsweep. Egal aus welcher Perspektive – das Tero gefällt. Die sportliche Optik deckt sich bei der Testfahrt auch mit meinem Fahreindruck. Los geht’s!
Auf los geht’s los: Die Probefahrt beginnt
Ist das Specialized Turbo Tero in der equipped Variante tatsächlich ein Alleskönner? Ziel meiner Testfahrt ist es, genau dies herauszufinden. Dazu habe ich das Specialized Turbo Tero 4.0 EQ in ganz unterschiedlichem Terrain auf „Herz und Nieren“ getestet.
Straßentauglichkeit
Auf den ersten Kilometern Asphalt demonstriert das Bike direkt seine Commuter-Tauglichkeit. Die Specialized eigenen 29 Zoll Ground Control Reifen haben viel Grip und rollen dennoch hervorragend auf Asphalt. Für den Einsatz im urbanen Bereich sind damit keine Grenzen gesetzt. Für Stollenreifen dieses Formats sind die Abrollgeräusche erstaunlich gering, was in Kombination mit dem leisen Specialized 2.0 Antrieb ein sehr entspanntes Fahren ermöglicht.
Die Sitzposition ist angenehm sportlich und das Tero passt in Rahmengröße L wie der Deckel auf den Topf zu meinen 183 cm Körpergröße. Wunderbar zentral positioniert im Bike, gelingen Richtungswechsel spielerisch. Das Tero vermittelt auf der Straße Agilität und jede Menge Fahrspaß. Fahrten wie der tägliche Weg zur Arbeit, zum Einkaufen oder um den Nachwuchs in den Kindergarten zu bringen, sind mit einem Tero 4.0 EQ problemlos realisierbar.
Geländetauglichkeit
Da das Tero aber auch ein e-Hardtail sein will – für Touren bis hin zum leichten Traileinsatz – führt mich der zweite Teil meiner Testfahrt in die schönen Wälder am Oberrhein. Bevor es losgehen kann, stehe ich allerdings vor einem kleinen Dilemma: Die bis 10 cm über den Boden tief gezogene DRYTECH-Schutzblechverlängerung am Vorderrad erschwert ein Fahren auf anspruchsvolleren Naturwegen. Schon das Überrollen einer Bordsteinkante wird damit zum Mikroabenteuer. Zum Glück ist die Verlängerung nicht vernietet sondern mit 3 kleinen Innensechskantschrauben befestigt.
Ich entschließe mich dafür, die Verlängerung zu entfernen, um die nötige Bodenfreiheit zu erlangen. Das Entfernen und Wiederanbringen ist zwar prinzipiell möglich, aber eine fummelige Angelegenheit, bei der das Vorderrad ausgebaut werden muss. Ich würde mir hier eine einfache Stecklösung wünschen, welche für die pfiffigen Specialized Ingenieure bestimmt umsetzbar wäre. Jemand, der unter der Woche mit Business-Kleidung ins Büro fährt, aber am Wochenende mit seinem „Do-It-all Superhero“ in den Wald will, hat hier zunächst Schwierigkeiten. Es bleibt die Option, auf die Verlängerung zu verzichten.
Die Bremsen
Die Sram Guide T 4-Kolbenbremsanlage mit 200 mm und 180 mm Bremsscheiben lässt nach kurzer Einbremszeit, die dem Neurad geschuldet ist, kaum Wünsche offen. Auf den kurzen, aber steilen und wurzeldurchsetzten Abfahrten packen die Sram bei Bedarf kräftig zu. Sie vermitteln einen klaren Druckpunkt und eine gute Dosierbarkeit, selbst unter nassen Bedingungen.
Die Federgabel
Ich überrolle einige größere Wurzeln und leicht verblockte Passagen. Hier stößt das 4.0 EQ an seine Grenzen. Zum Glück rollt das Tero auf 29 Zoll Rädern und hat mit 66,4° einen relativ flachen Lenkwinkel, der vor einigen Jahren noch als „Enduro“ durchgegangen wäre. Dass der Fahrer mit einem Hardtail im ruppigen Terrain mehr gefordert wird als mit einem Fully ist klar und ich bin es gewohnt. Gerade bei einem Hardtail erscheint mir aber deshalb eine gute Federgabel, die klare Rückmeldung gibt und sensibel genug arbeitet, besonders wichtig.
Beim Tero 4.0 ist eine Rockshox Recon Silver TK Stahl-Federgabel mit 110 mm Federweg verbaut. Sie besitz eine Lockfunktion und die Federhärte der Stahlfeder lässt sich grob einstellen. Im Straßenverkehr wie auf einfachen Schotter- und Waldwegen verrichtet die Recon TK unauffällig ihren Dienst und reicht aus. Wer damit jedoch häufiger auf ruppigen Wegen und Trails unterwegs ist, um das Tero tatsächlich als e-MTB zu nutzen, wird sich eine besser ansprechende und anpassbare Luftfedergabel wünschen. Beim Tero 5.0 ist eine Luftfedergabel verbaut.
Der Motor
Auf dem Rheindamm setze ich nun meine Testfahrt entspannt fort und genieße den Ausblick auf die Rheinwälder und den Altrhein. Der Weg ist unbefestigt, weist aber keine Schwierigkeiten auf. Zeit, mich mit dem neuen Display und den verschiedenen Unterstützungsstufen zu beschäftigen. In der Ebene schalte ich testweise den Specialized 2.0 Motor komplett aus. Der entkoppelte Antrieb ermöglicht es beim vergleichsweise leichten Tero, auch ohne Unterstützung zu fahren.
Wie bei Specialized gewohnt, gibt es nur 3 Unterstützungsstufen, was aber vollkommen ausreicht, zumal man diese individuell anpassen kann. Im Turbomodus schiebt das Tero 4.0 mit seinen 70 Nm so kräftig an, dass ich nur wenig Unterschied zum 90 Nm Turbo Levo feststelle, das ich privat fahre. 70 Nm erscheinen mir beim Tero 4.0 voll ausreichend. Wer mehr Power braucht, greift zum Tero 5.0 mit satten 90 Nm. Mein Lieblingsmodus ist der variable Trailmodus. Er setzt gut dosierbar jede noch so feine Pedalbewegung sensibel um und sorgt auch beim Tero für das äußerst natürliche, Specialized-typische Fahrgefühl.
Preise und Ausstattungsvarianten des Specialized Turbo
Das Tero ist in den Varianten 3.0, 4.0 und 5.0 erhältlich und kostet je nach Ausstattung zwischen 3.300 € und 5.400 €. Die Motorleistung und Akkukapazität variiert von 50 Nm / 500 Wh beim 3.0, über 70 Nm / 710 Wh beim 4.0, bis zu 90 Nm / 710 Wh beim 5.0. Es gibt eine Step-Through Variante mit tieferem Einstieg und man kann außerdem wählen, ob man das Tero als pures e-MTB Hardtail möchte oder alltagstauglich und StVO konform als 4.0 EQ (= equipped) Version, wie ich sie beim Test gefahren bin.
In der EQ Variante verfügt das e-Bike über eine effiziente Lichtanlage von Lezyne, DRYTECHSchutzbleche, Seitenständer und einen MIK-kompatibler Gepäckträger, der bis zu 27 kg Zuladung ermöglicht. Ob Kindersitz, Satteltaschen oder Anhänger – alles kein Problem beim EQ! Eine absenkbare Teleskopsattelstütze und griffige Ground Control-Reifen unterstreichen die e-MTB Ambitionen. Passend dazu verfügt das 4.0 über einen kräftigen Specialized 2.0 Motor mit 70 Nm und den großen 710 Wh Akku. Bissige 4-Kolbenbremsen vorne und hinten, sowie die 11-fach Schaltung sind von Sram, welche zum sportlichen Charakter passen. Ein Highlight in der Ausstattung ist das neue Master-Mind-Display TCD in Kombination mit der Mission Control App. Im Vergleich zum monochromen Vorgänger ist das ein Fortschritt um Lichtjahre. Das neue TCD verfügt über zahllose Anzeige und Einstellungsmöglichkeiten, wie Anzeige der Trittfrequenz und Wattleistung und eine individuelle Anpassung der Unterstützungsstufen. Datenjunkies kommen hier voll auf ihre Kosten.
Besonders die grafische Darstellung der Trittfrequenz gefällt mir ausgesprochen gut. Bei einer Frequenz zwischen 70 und 100 kommt man in den grünen Bereich und fährt effizient. Das heißt, man schont nicht nur die eigene Muskulatur, sondern auch die Akkurestlaufzeit. Wobei der aus dem Unterrohr bequem zu entnehmende 710 Wh Akku selbst für ausgedehnte Touren genügend Reserven mitbringt. Specialized gilt von jeher als innovativer, technischer Vorreiter. Mit dem Turbo Tero System Lock wird es seiner Rolle abermals gerecht. Eine elektronische Diebstahlsicherung über die Mission Control App mit Lock- und Alarmfunktion ist zukunftsweisend. Definitiv ein Nice to Have!
Für weniger Technikaffine gilt aber immer noch: Alles kann – nichts muss. Wer sich einfach nur auf das Radfahren und seine Umgebung konzentrieren will, kann dies auch mit dem Master-Mind-Display problemlos tun. Außerdem lässt sich das neue Display hervorragend intuitiv bedienen.
Das Fazit zum Specialized Turbo Tero 4.0 EQ
Man sollte sich von der STVO konformen Ausstattung nicht irritieren lassen. Das Specialized Turbo Tero 4.0 EQ kann weit mehr, als seine Straßen-Optik mit Schutzblechen und Lichtanlage, etc. vermuten lässt. Das Gesamtpaket ist stimmig. Wer ein hohes Maß an Alltagstauglichkeit braucht und ein Bike für ein möglichst breites Einsatzgebiet sucht, wird das Tero EQ 4.0 lieben. Von Straße, über moderate Waldwege, bis hin zum leichten Traileinsatz, ist damit alles möglich.
Die Abstufung der Tero-Modellreihe ist gut und klar. Preisbewusste greifen zum 3.0. Wer ein „Do-it-all“ Bike wünscht, greift zum 4.0 EQ und wer auf der Suche nach einem waschechten e-MTB Hardtail ist – als Sportgerät, auch für den häufigen Traileinsatz – nimmt das 5.0. Fahrspaß bringen sie alle. Garantiert! Danke an Manfred Schwendemann und die e-Bike Experten von e-motion e-Bike Welt Freiburg Süd für die Bereitstellung des Specialized Tero 4.0 EQ Testbikes!