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Das hat sich am Jam² 2020 verändert
Bereits 2016, quasi mit Einführung des neuen, leistungsstarken und kompakten Shimano e8000 Mittelmotors, war Focus Bikes einer der ersten Hersteller, welcher ein potentes Fully mit diesem Antrieb auf die Räder stellte. Ich konnte das Jam² mit Shimano Antrieb 2017 testen und es hinterließ hierbei einen guten Eindruck.
Nun 2019, mit Einführung des neuen Bosch Antriebs der vierten Generation, bringt Focus das Jam² in einer überarbeiteten Version auf den Markt. Eine etwas angepasste Rahmengeometrie mit längerem und tiefer zum Sitzrohr verlaufendem Oberrohr sind einige Merkmale, welche auf den ersten Blick auf die Modernisierung schließen lassen. So bleibt der Schwerpunkt tief und die großen 29“ Laufräder finden durch den etwas erhöhten Radstand eine solide Position im Bike.
Daneben fällt natürlich der neue Bosch Winzling durch seine geringe Baugröße und dem roten Bosch-Logo sofort auf. Dieser schmiegt sich nun genau so harmonisch in das Bike wie sein japanischer Konkurrent, bietet dabei aber die vertraute Bosch Performance wie man sie vom klassischen CX kennt, wie sich später auf der ersten Ausfahrt noch zeigen wird.
Richtig gut und innovativ ist der FlipChip im F.O.L.D Hinterbau, mit welchem sich bei Belieben auch einfach ein klassisches 27,5″ Laufrad verbauen lässt und mittels dieser mechanischen Konstruktion optimal im Hinterbau Platz findet. Mit dem FlipChip verändert sich der Radstand sowie der Bodenabstand auf das optimale Maß.
Das neue Focus Jam² mit dem Bosch Performance CX 2020 zeigt sich als sehr vielversprechendes e-Mountainbike für den breiten Einsatz vom klassischen Touren bis hin zu anspruchsvollen und schnellen Geländeabfahrten.
Das Focus Jam² 2020 auf dem Trail
Hochsommer, 36°C und die Stuttgarter Trails im Westen der Stadt am Firmensitz von Focus warten auf mich. Neue Bikes finde ich immer sehr aufregend, vor allem die aktuelle Generation, welche vermehrt mit 29“ Laufrädern und einer angepassten Rahmenarchitektur daher kommen. Richtig interessant wird es dann, wenn sich zu einem neu konstruierten Bike noch ein neuer Antrieb hinzugesellt. Das Focus Jam² auf 29“ Laufrädern, gerüstet mit dem neuen Bosch Performance CX ist eine Kombination auf die ich richtig Bock habe und neugierig bin was die Kiste kann.
Nach einer kurzen Einführung der wichtigsten Erneuerungen geht es raus ins Gelände, dort wo die Party stattfindet und sich ganz schnell zeigt wie ein Bike samt Antrieb funktioniert und wie es sich in unterschiedlichen Fahrsituationen anfühlt.
So schlägt sich der neue Bosch CX auf den ersten Trail-Metern
Zunächst einmal geht es bergauf, raus aus der Stadt – rein in den Wald. Hier liegt mein erstes Augenmerk natürlich auf der neuen Antriebseinheit, dem Bosch Antrieb der vierten Generation. Da ich prinzipiell, von meinem Stil her, viel mit kleiner Unterstützungsstufe unterwegs bin bleibe ich zunächst auf der ersten von vier aktiven Unterstützungsstufen – „ECO“ – hier wird die eigene Kraft mit zusätzlichen 60% zur Eigenleistung ergänzt.
Bereits auf den ersten Metern bin ich sehr positiv angetan vom Vortrieb des neuen Bosch Antriebs, da dieser sehr gleichmäßig und natürlich zum Pedaldruck seine Leistung entfaltet. Trittfrequenzen um die 85 Umdrehungen in der Minute werden unaufdringlich begleitet. Lasse ich diese dann doch mal etwas abfallen, wird spürbar wie mich der Antrieb mit bis zu 75Nm Drehmoment sanft auffängt und damit auch bei langsamer Fahrt unter niedrigen Trittfrequenzen leistungsfähig bleibt.
Diese Eigenschaft unter ECO finde ich sehr wichtig, da so bei leichter Entlastung der Beine weder ein Gangwechsel noch eine Änderung der Unterstützungsstufe zwingend notwendig ist – e-Mountainbiken eben!
Jam² 2020: einfach mal laufen lassen!
Im Wald angekommen, bietet die erste Abfahrt bereits eine Menge Spaß, da das Gelände durchaus ein ordentliches Gefälle aufweist und leicht verblockt ist. Laufruhe und ein gewisses Maß an Agilität sind also erforderlich um zum einen immer die gewünschte Linie zu treffen und zum anderen den Ballermann (schnelles Fahren) raus zu lassen. Die äußeren Bedingungen sind an diesem Tag gut, aber nicht perfekt. Der Trail ist trocken, fast zu trocken und mit einer Menge Staub punktuell doch mit etwas Bedacht zu fahren.
Also, zwei – drei -vier Mal in die Pedale getreten und schnell den Grundspeed jenseits der 25km/h aufgebaut um in den Trail zu schießen. Bereits auf den ersten Metern erweckt das Jam² mit seinem 150 mm Fahrwerk und den großen 29“ Laufrädern großes Vertrauen.
Das Fahrwerk arbeitet zusammen mit den traktionsstarken Laufrädern recht sensibel und sorgt somit für einen ruhigen Lauf. Hier macht sich nun der etwas längere Reach (440 zu 470) im Vergleich zum Shimano Jam² (440) bemerkbar, das Bosch Jam² (470) liegt doch deutlich ruhiger und satter. Der etwas längere Radstand (1218 zu 1221) dürfte diesen Eindruck weiter unterstreichen.
Die Linienwahl ist in jeder Situation absolut präzise an- und durchfahrbar, so kann ich die Kiste dann auch einfach mal bis zum Ende des Trails laufen lassen – fetzt, macht Spaß und Lust auf mehr!
Weiter geht es in weitere Trailsektionen, welche durch leichte Anlieger sowie kleineren Sprüngen gekennzeichnet sind. Der Trail hier ist mir unbekannt, daher fahre ich hier viel auf Sicht ohne großes Risiko, weit ab vom Limit. Gerade in solchen Situationen ist ein gut funktionierendes und ausgewogenes eMTB wichtig, da es Kraft schonend sowie unverkrampft zu bewegen ist und damit für zusätzliche Sicherheit in unbekannten Gefilden sorgt.
Hier brilliert das Jam² absolut herausragend, nicht eine brenzlige Situation gab es. Das Bike fährt sich absolut zielsicher und entspannt über Wurzeln, Anlieger, und was das Gelände noch so an Herausforderungen bietet, so macht es richtige Spaß.
Nach und nach lasse ich das neue Jam² auch hier gerne mal etwas schneller laufen als gedacht!
Feuerprobe: Bosch CX & Jam² im Uphill
Irgendwann kommen wir dann einen kurzen steilen Anstieg mit einem 50cm Absatz bergauf! Fahrtechnisch stellt dieser Absatz in dem steilen Bergaufstück eine Herausforderung dar, da sowohl eine aktive Verschiebung der Köperbalance als auch ein sensibles Motormanagement notwendig sind. Um mit Schwung in das Bergaufstück zu kommen, darf der Gang nicht zu groß sein – ich entscheide mich für den dritten auf der 12fach Kassette.
Mit Schwung geht es nun im dynamischen eMTB Modus (Unterstützungsstufe) bei hoher Trittfrequenz jenseits der 110 U/min. in den Hang. Der Antrieb arbeitet ordentlich zu und scheibt mich mit dem Jam² in die Rampe. Im Steilstück fallen die Geschwindigkeit sowie Trittfrequenz schnell ab, wer nun meint er müsse noch den Gang wechseln wird stehen bleiben, da die Kette eine gewisse Strecke benötigt bis sie voll auf dem nächsten Ritzel der Kassette greift.
Nun zeigt sich was der neue Bosch Antrieb in sensiblen und anspruchsvollen Situationen kann! Ich fahre auf den Absatz zu, kurz anhalten, anvisieren und Maß nehmen, Pedalmanagment checken und dann mit einem kurzen und kraftvollen Druck auf das Pedal das Vorderrad über den Absatz. Parallel dazu wandert der Körperschwerpunkt vom Heck in Richtung Front.
Wieder kurzer Stop um das Pedalmanagement zu kontrollieren und um die Heckpartie des eMTBs ebenfalls über den Absatz zu bekommen.
Erneuter Druck auf das Pedal und der Antrieb spricht sofort, aber nicht ungebändigt an und verschafft dem Hinterrad so maximalen Grip. Sobald der Vortrieb einsetzt wird die Körperbalance wieder etwas mehr zentriert und im nu bin ich schon über den Ansatz hinweg.
Herrlich!
So müssen ein Bike und der Antrieb harmonieren und funktionieren. Hier wird deutlich wie die Rahmengeometrie auf einen e-Bike Motor abgestimmt ist und das Bike dabei handlich im spielerischen Umgang bleibt. Der Bosch Antrieb arbeitet hier, wie bereits von der Vorgängerversion bekannt und bewährt, absolut perfekt im Zusammenspiel mit dem Biker – eine große Stärke von Bosch, welche man im neuen Performance CX 2020 Antrieb wiederfindet.
Nach so viel positiven Eindrücken auf der ersten Ausfahrt muss ich dann doch etwas nach den negativen Dingen suchen. Perfekt ist kein Bike, das ist klar. Es gilt hier und da natürlich immer Kompromisse einzugehen wobei die große Kunst darin besteht, diese Kompromisse in eine ausgewogene Balance zu bringen. Das Thema Gewicht ist hier natürlich eine Sache, die es zu erwähnen gilt, da sich dieses nun doch nicht mehr besonders von den anderen Allmountainbikes auf dem Markt unterscheidet. Eben hier spiegelt sich das Thema Kompromiss besonders wider. Nun ist der neue Bosch Perfromance CX 2020 mit 2,9kg natürlich deutlich leichter als sein Vorgänger, bedingt durch den großen 625Wh Akku aber wird dieser Vorteil quasi wieder neutralisiert.
Hier bringt das Shimano Jam² deutlich weniger auf die Waage, da in der integrierte 378Wh Akku lediglich 30 Zellen beherbergt. Ihr seht also, entweder leichtes Bike und weniger Akkukapazität oder eben ein etwas schwereres Bike mit viel Wh.
In diesem Zusammenhang sei noch erwähnt, dass es möglich sein wird wie beim Shimano Jam², einen zusätzliches, klassisches Powerpack mit 500 Wh auf das Oberrohr zu setzten und diesen in das bestehenden Bosch System zu integrieren. Damit stünden dann über 1.100 Wh Energie zu Verfügung, was selbst beim Biken mit der größten Unterstützungsstufe TURBO locker für 2.000 Hm (50km Strecke) reichen sollte. Die Entladung soll in diesem Fall nicht parallel, sondern nacheinander erfolgen.
Was bleibt also vom ersten Eindruck mit dem Jam² hängen?
Kurz und knapp zusammengefasst ist das Jam² mit dem neuen Bosch Performance CX 2020 Antrieb ein rassiges e-Mountainbike für ein breites Einsatzgebiet. Mit 29“ Laufrädern, wie hier in der gefahrenen Vorserienversion „6.8 Nine“ welches auf einem 150mm Fox Fahrwerk steht bietet es eine Menge Fahrspaß im anspruchsvollen Gelände und vermittelt viel Laufruhe und Sicherheit. Sozusagen „Ein Colt für alle Fälle“ 😉
Übrigens gibt es noch viele weitere Modellvarainten des Focus Jam².
Diese unterscheiden sich in erster Linie durch den Antrieb, also Shimano STePS e8000 oder Bosch Performance CX 2020.
Unter der jeweiligen Motorvariante gibt es dann Modelle mit unterschiedlichen Laufradgrößen welche wiederum gestaffelt sind in differenzierten Ausstattungsvarianten. Falls ihr euch also für ein Jam² interessiert entscheidet ihr euch zuerst für einen Antrieb, dann für die Laufradgröße und final für die Ausstattungsdetails – so sollte jeder zu seinem Focus Jam² kommen.
Schon bald könnt ihr euch hier alle Focus e-Mountainbike für 2020 wie gewohnt mit Specs und Geometrien anschauen!